Peter Kurzeck: Übers Eis, Fischer

»Erst ein Regen- und dann ein Schneewinter. Als das Jahr 1984 anfing, nach der Trennung, hatte ich vom einen zum anderen Tag nix mehr. Auch keine Wohnung, kein Selbstbild, noch nicht einmal der Schlaf ist mir übriggeblieben. Wie es scheint, fängst du dein Leben alle paar Jahre neu und von vorn an … Kaum ist es hell, setzt der Tag sein Verhör mit mir fort. Eine Abstellkammer in einer fremden Wohnung. Ende Januar eingezogen. Ich steckte …

Michail Bulgakow: Meister und Margarita, Galiani

Moskau um 1930: Zusammen mit seinen Gehilfen geht der Teufel um und wirbelt die Stadt mächtig durcheinander. Im Varietétheater richten sie ein heilloses Chaos an und stellen das Publikum – Bürger der Stalinzeit – mit all ihren Schwächen bloß. Die Behörden scheitern kläglich mit rationalen Erklärungsversuchen. Nur zwei Personen entgehen Schreck und Unbill: Der Meister – ein Schriftsteller, der seine Tage in der Psychiatrie zubringt – und …

Hans Fallada: Jeder stirbt für sich allein, Aufbau-Verlag

Fieberhaft schrieb Fallada diesen, seinen letzten Roman nieder und schuf ein Panorama des Lebens der „normalen“ Leute im Berlin der Nazizeit: Nachdem ihr Sohn in Hitlers Krieg gefallen ist, wollen Anna und Otto Quangel Zeichen des Widerstands setzen. Sie schreiben Botschaften auf Karten und verteilen sie in der Stadt. Die stillen, nüchternen Eheleute träumen von einem weitreichenden Erfolg und ahnen nicht, dass Kommissar Escherich ihnen längst …

Rhiannon Argo: Boi*hood, Zaglossus

"Manche Leute machen Yoga oder nehmen ein heißes Bad und ich brettere einen waghalsig steilen Hügel hinunter, auf einem gerade mal 20 mal 75 Zentimeter großen Stück Pressholz." Turbulente Zeiten im Creamsickle, einer queeren WG im Mission-District in San Francisco. Erzählt wird das Geschehen aus der Sicht von Georgie, der sensiblen Romantikerin, die wiederholt an gebrochenem Herzen leidet und, als sie plötzlich arbeitslos wird, für ihren neuen …

Nathan Englander: Worüber wir reden, wenn wir über Anne Frank reden, Luchterhand

Die Idee zur Titelgeschichte kam Nathan Englander in Berlin, wo er 2009 ein Stipendium hatte. In der "American Acadamy", eine Villa, die ein Jude gebaut hatte und die von einem SS-Offizier beschlagnahmt wurde, in der sozusagen die ganze Geschichte Deutschlands steckt. In den acht Erzählungen geht es um den Holocaust und seine Präsenz in der Gegenwart. In der Titelgeschichte wird wie in einem Spiel, obwohl es natürlich keines ist, sondern eine …

Anna Enquist: Die Betäubung, Luchterhand

Der Tod eines geliebten Menschen trifft uns alle gleich. Aber jeder reagiert anders darauf: Die einen stürzen sich in die Arbeit, um sich abzulenken, andere beginnen an sich und der Welt zu zweifeln, verlieren den Boden unter den Füßen. Und so sehr wir uns auch vielleicht um eine Rückkehr zur Normalität bemühen, eine Frage bleibt: Können wir den Verlust eines geliebten Menschen wirklich jemals verwinden? In ihrem neuen Roman erzählt Anna Enquist …

Edo Popović: Ausfahrt Zagreb-Süd, btb

Sie haben die 40 längst überschritten, der Krieg im ehemaligen Jugoslawien hat sie ihrer besten Jahre beraubt. Sie sind zu alt für Rock & Roll, aber zum Sterben noch zu jung. Bebas Erfolg als Schriftsteller liegt schon eine Weile zurück, er irrt alkoholselig durch sein Restleben. Seine Frau rettet sich in die virtuelle Welt und nutzt die E-Mail als Therapie-Ersatz. Sein Freund, der ehemalige Rechtsanwalt Kanceli, haust, von seiner Familie …

Andreas Niedermann: Goldene Tage, Songdog Verlag

Der junge Kriminelle „Rambo Rimbaud“ berichtet über die „Goldenen Tage“, während er, inmitten der Jugendunruhen der achtziger Jahre, der Häuserbesetzungen und Straßenschlachten, unbeirrt an seinem Plan feilt, der Post jene sagenumwobene Goldladung zu stehlen, von der ihm der alternde und publikumsmüde Schriftsteller Andreas erzählt hat. „RR‘s“ Plan ist erst einmal völlig wasserdicht. Denn wenn es daneben geht, bleibt ihm immer noch die …

Gerhard Henschel: Beim Zwiebeln des Häuters, Edition Tiamat

Polemik als hohe Kunst, um sich gegen die Nervensägen in Kultur und Politik zur Wehr zu setzen. Zum ersten Mal seit langer Zeit vereinigt ein Sammelband Henschels bleibende Texte über Margot Käßmann, Wolfgang Huber, Claudia Roth, Günter Grass, Mathias Döpfner, Slavoj Žižek, L. Ron Hubbard, Herta Müller, Kim Jong-un, Hans Küng, Alice Schwarzer, Patricia Riekel und viele andere Figuren des öffentlichen Lebens, die unsere Welt in den vergangenen …

Lukas Jüliger: Vakuum, Reprodukt

Es sind die ersten Sonnenstrahlen des Sommers: Ein Junge langweilt sich. Erst als ein Mädchen auf ihn zukommt, scheint das Leben mit einem Mal interessant. Sie verbringen Zeit miteinander, die Welt wird verwirrend. Plötzlich erschüttet eine Tragödie die Stadt – ein junger Mensch stirbt. Als die beiden sich auf seine Spuren begeben, ahnen sie bald, dass es nicht nur ihre Schulzeit ist, die gerade zu Ende geht… In seiner mitreißenden Erzählung um …

Antonio Altarriba/Kim: Die Kunst zu fliegen, Avant Verlag

2001 beging Antonio Altarribas Vater Selbstmord und zog damit einen Schlussstrich unter ein Leben, das er als ziellos und vergeblich empfand. Wie viele andere seiner Generation hatte er alles daran gesetzt, aus den Trümmern der Weltkriege eine gerechte Welt zu bauen und dem Unrecht zu entfliehen. Aber die Geschichte hat es immer schon verstanden, Träumern die Flügel zu stutzen... Durch die Augen seines Vaters lässt uns Altarriba das spanische …