Édouard Louis: Das Ende von Eddy, S.Fischer

Mit unglaublicher Sprachgewalt erzählt der junge französische Autor Édouard Louis die Geschichte einer Befreiung aus einer unerträglichen Kindheit: inspiriert von seiner eigenen. Armut, Homophobie, Gewalt.

»Ich rannte weg, ganz auf einmal. Gerade hörte ich meine Mutter noch sagen ›Was soll der Scheiß jetzt wieder?‹. Aber ich wollte nicht bei ihnen bleiben, ich weigerte mich, diesen Moment mit ihnen zu teilen. Ich war schon weit weg, ich gehörte nicht mehr zu ihrer Welt, der Brief besagte es. Ich kam zu den Feldern und wanderte einen Großteil der Nacht herum, auf den Feldwegen, in der Kühle Nordfrankreichs, in dem zu dieser Jahreszeit so intensiven Geruch der Rapsfelder. Die ganze Nacht über entwarf ich mein neues Leben fern von hier.«

»Jedes traditionsbewusste Dorf scheint für sich allein zu existieren, sich den Horizont der weiten Welt auf ein überschaubares und verträgliches Mass zurechtzustutzen. Alles, was von ausserhalb in diesen Organismus eindringt – seien es Zuzügler, Umsiedler oder urbane Flüchtlinge –, bleibt für die Ortsfesten ein misstrauisch beäugter Fremdkörper, eine Fremdzelle, die oft auf Lebenszeit offen oder hinter vorgehaltener Hand stigmatisiert wird. Eine Trutzburgmentalität greift um sich, die schnell bereit ist, in Ressentiments gegen das nächstgelegene Dorf oder das gekünstelt scheinende Gebaren der Städter umzuschlagen. Aber auch das, was von innen auf eine Gemeinschaft bedrohlich wirkt, kann von der Mehrheit abgestossen werden.« (Neue Zürcher Zetung)