Svenja Leiber: Kazimira, suhrkamp

In Kazimira erzählt Svenja Leiber vom größten Bernsteinabbau der Geschichte. Im Aufstieg und Verfall der »Annagrube« und in ihrem Nachwirken im heutigen Russland spiegeln sich drängende Fragen: Woher rühren Hass und Gewalt? Was geschieht, wenn Leben für unwert erklärt wird? Die Frauen, denen der Roman einfühlsam über fünf Generationen folgt, entwerfen eine Gegenwelt - im Mittelpunkt: Kazimira und ihr Ringen um Selbstbestimmung.

Das sagen wir:

»Leibers Kazimira ist Titelperson, ob Kazimira will oder nicht. Eng verzahnt ist Kazimira's Lebensgeschichte mit der Gründung, Fortschritt und Abschwung der "Anna"-Bernsteinmine, ob Kazimira will oder nicht. Wir lernen Kazimira 1871 in einem entlegenen Weiler an der damals ostpreußischen Bernsteinküste als Ehefrau des Bernsteindrehers Antas kennen. Dass nur Männer über Geschäft, Familie und Liebe bestimmen, gefällt Kazimira nicht. "Ich will das, was du längst hast." Doch wie sich alternative Lebensentwürfe erdenken, wenn die Vorbilder fehlen?
Wir dürfen weitere acht Jahrzehnte begleiten, die geprägt sind von Gefahren des antisemitischen und nationalistischen Erstarkens.
Leiber bricht die Chronologie, indem sie Einblicke ins heutige Jantarnyi einschiebt. Doch wen interessiert das hier noch außer Deutsch-Touris auf aufdringlicher Heimatssuche und Zwielichtige, die den Bernsteinhandel an chinesischen Frauenhälsen florieren sehen?
Leiber beschreibt ihre Figuren als "undurchsichtig", hält uns entsprechend auf Distanz und die Erzählzeit in reizvoll Präsens.« (m-l)