Didier Eribon: Gesellschaft als Urteil, suhrkamp
Eribons Rückkehr nach Reims gilt bereits heute als Klassiker der Zeitdiagnose. In seinem neuen Buch greift er viele Themen des Vorgängers wieder auf und vertieft seine Überlegungen zu zentralen Fragen. Die Gesellschaft weist uns Plätze zu, sie spricht Urteile aus, denen wir uns nicht entziehen können, sie errichtet Grenzen und bringt Individuen und Gruppen in eine hierarchische Ordnung. Die Aufgabe des kritischen Denkens besteht darin, diese Herrschaftsmechanismen ans Licht zu bringen. Zu diesem Zweck unternimmt Eribon den Versuch, die Analyse der Klassenverhältnisse sowie der Rolle zentraler Institutionen wie des Bildungssystems auf eine neue Grundlage zu stellen. Nur indem wir uns den Determinismen stellen, die unser Leben regieren, können wir einer wahrhaft emanzipatorischen Politik den Weg bereiten.
»Eine radikale Selbst-Introspektion, der Versuch, die eigene Scham zu überwinden, indem man sie offenlegt. Das Buch ist diesmal mehr eine Darstellung seiner Emanzipation durch die Literatur, es ist deshalb theoretischer, allgemeiner. Eribon begeht jedoch nicht den Fehler, auf dem Plateau der Abstraktion zu verharren, sondern er bindet seine Generalisierungen immer wieder an das konkrete Leben zurück. An seines und das seiner Familie, aber auch an das der von ihm verehrten und diskutierten Autorinnen und Autoren, unter anderem Simone de Beauvoir, Jean Paul Sartre und Annie Ernaux.« (Oliver Nachtwey, Süddeutsche Zeitung)