Thomas Edlinger: Der wunde Punkt. Vom Unbehagen an der Kritik, suhrkamp
Kritik ist Volkssport. Jeder kritisiert jeden – im Wirtshaus, im Internet, an der Universität. Gleichzeitig werden die Defizite der Kritik kritisiert. Sie greife zu kurz oder gehe zu weit, sei autoritär, dekorativ oder schlicht wirkungslos. In Anlehnung an Jean-Luc Godard könnte man sagen: »Kritik ist nicht die Beurteilung der Wirklichkeit. Kritik ist die Wirklichkeit der Beurteilung.«
Auf jeden Fall verändert Kritik die Welt – zumindest indirekt: als relativistische Hyperkritik, die Gemeinsamkeiten sabotiert, als Kapitalismuskritik, die den Kapitalismus fit hält, oder als Miserabilismus, der sich am Übel in der Welt ergötzt. Thomas Edlinger spürt der Fetischisierung der Kritik dort nach, wo es wehtut, und zeigt, wie sich der Unmut in postkritische Haltungen übersetzt.
»Wer zwischen der Skylla der Hyperkritik und der Charibdis des Miserabilismus hindurchwill, wer beiden Sackgassen entgehen möchte – wer also trotz allem kein Zyniker werden möchte, wer sich auch als Linker über die Grenzöffnung freut und dennoch versucht, eine kritische Position zu retten, der lese bei Edlinger nach, ob dieser einen Ausweg findet.« ( Isolde Charim, taz)