Tillie Olsen: Ich steh hier und bügle, Aufbau Verlag

Die Geschichten dieses Bandes verzahnen sich immer enger miteinander und gewähren sprachlich brillante Einblicke in die Welt der sozial Benachteiligten: Die Gedanken einer Mutter gleiten gequält mit dem Bügeleisen hin und her – was konnte sie ihrer halbwüchsigen Tochter bieten, was blieb dieser verwehrt? Lennie, Helen und ihre Kinder machen Platz für Whitey, einen gestrandeten Freund der Familie, doch er stellt ihre Geduld einmal mehr auf die Probe. Zwei Freundinnen, eine schwarz und eine weiß, merken, dass ihre Welten immer unvereinbarer scheinen. Ein Ehepaar streitet erbittert darüber, wie sie jetzt, wo Kindererziehung und Beruf hinter ihnen liegen, leben wollen, als sie eine fatale Diagnose ereilt.

»Olsen holt das von ihr Vermisste in die Texte: Mutterschaft als Erfahrungsraum existenzieller menschlicher Erfahrungen, Armut, Rassismus und Geschlechterverhältnisse. Ihre Schreibweise ist von großer Unmittelbarkeit, die das Ergebnis feinster Spracharbeit ist.« (Carola Ebeling, taz)

Das sagen wir:

»Tillie Olsen hat Themen bearbeitet, die den meisten ihrer schreibenden Zeitgenoss:innen in den USA der 1940er- und 60er-Jahre als unliterarisch erschienen wären. Da steht eine Frau am Bügelbrett und denkt über die Bedingungen nach, unter denen ihre älteste Tochter, geboren in die Zeit der Großen Depression, aufwachsen musste. Da ist ein älteres Ehepaar, jüdische Emigranten, die aus Russland in die USA kamen, verkeilt in einen Streit darum, wie sie ihre letzten Jahre gestalten wollen – gestalten können. Aber es sind nicht allein die „Themen“ – Sorgearbeit, Geschlechterverhältnisse, Klassenkampf, Rassismus –, die Olsens Kurzprosa auszeichnen und heute wieder Interesse für sie wecken können. Olsen findet Sprache für Sorge, Reproduktion, Armut als persönliche Erfahrungen. Und doch bleiben die gesellschaftlichen Bedingungen für diese Erfahrungen stets greifbar – und den Figuren zumeist bewusst. Sie wissen, vergessen über die Härten des Alltags und rufen sich dann wieder in Erinnerung, dass sie „mehr [sind] als dieses Kleid auf dem Bügelbrett, hilflos dem Bügeleisen ausgeliefert“. In der dichten Form dieser Erzählungen liegt eine Widerständigkeit, die literarisch noch immer selten ist.« (ck)