Katharina Volckmer: Der Termin, Kanon Verlag

In einer Londoner Praxis entblößt sich eine junge Frau aus Deutschland vor ihrem Arzt Dr. Seligman. Obwohl sie nur seinen Hinterkopf sehen kann, vertraut sie ihm ihr Innerstes an: ihre heimliche Lust, ihre Schuldgefühle und ihr Ringen um sich selbst. Obwohl sie sich von ihrer katholischen nachkriegsdeutschen Familie abgewandt hat und seit Jahren in London lebt, verfolgen sie die alten Geister. In einem messerscharfen Monolog nabelt sie sich noch einmal von ihrer Vergangenheit, aber auch von ihrer Gegenwart ab. Vom Umkleiden in der Badeanstalt bis zum Toilettenfick in der Bar begleiten wir eine junge Frau, die sich von ihrer Scham, ihrer Kultur und ihrer Geschlechtlichkeit fundamental befreit.

»Warum ist das Geschlecht immer das erste Kriterium, auf das alle achten, fragt der Roman mit Recht. Aber natürlich braucht er diese Ordnungen auch – um sie zu übertreten. Daraus entsteht seine hohe Energie. Übertretung bedeutet Macht. Diese Entdeckung ist der pochende Puls des Romans. […] Der Termin erzählt von Angst und Einsamkeit und fügt all diese Elemente zu einem fluiden Bewusstseinsstrom zusammen. Dennoch sollte man den Roman nicht für ein persönliches Bekenntnis halten – und deshalb auch nicht mit Samthandschuhen anfassen. Es handelt sich vielmehr um einen literarischen Ritt auf eingespielten Provokationsdiskursen.« (Meike Feßmann, Tagesspiegel)

»Volckmers Roman ist vieles zugleich, ohne sich dabei für eines entscheiden zu müssen: feministischer Monolog, Polemik gegen die Kategorie des Geschlechts und die daraus wachsenden Zwänge, komischer Rant gegen Vereinheitlichung und Vereindeutigung, Bericht aus dem beschädigten Leben, Satire auf die postnationalsozialistische Gesellschaft sowie deren Wiedergutmachungsbemühungen und Gedenkverrenkungen, Kritik der »Fröhlichkeitsindustrie« und einer Gesellschaft, in der das herrschende Unglück permanent kaschiert werden muss.« (Thomas Blum, konkret)