Ruth Sonderegger: Vom Leben der Kritik, Zaglossus

Vom Leben der Kritik ist der Versuch, kritische Theorien und Praktiken in einer Zeit zu sammeln und weiterzudenken, in der einerseits der Tod der Kritik beschworen wird und andererseits die Transformation von (Selbst-)Kritik in Disziplinierungstechniken der neoliberalen Evaluations- und Professionalisierungskultur zu beobachten ist.
Eingedenk der zu Recht vielfach hervorgehobenen Probleme von traditionellen Verständnissen der Kritik – u. a. ihres belehrenden, elitären, autoritären, paternalistischen oder heroischen Charakters – legt dieses Buch den Akzent auf erfinderische Alltagspraktiken der Kritik. Das heißt, dass es solche habituellen Praktiken in den Mittelpunkt rückt, die meist als Inbegriff des Unkritischen gelten. Ebenso wichtig wie die Diskussion gewaltvoller Dimensionen von Herrschaftskritik ist dabei die Auseinandersetzung mit dem Superioritätsanspruch westlicher Kritikbegriffe, welcher sich schon darin zeigt, dass die Linie von Sokrates über Kant zu Foucault meist nicht als lediglich ein Verständnis von Kritik adressiert wird, sondern als das, was Kritik nun einmal sei.

»Das Buch ist das Gegenteil gegenwärtiger Cancel Culture: nachdenklich, sorgfältig lesend und argumentierend stellt Sonderegger den Wert von älteren und jüngeren Positionen unterschiedlichster Provenienz für eine affirmierende, auf das Gemeinsame setzende Politik kritischen Widerstands heraus, in der auch Theorie und Praxis versöhnt sind.« (Beate Söntgen, Texte zur Kunst)