Sasha Marianna Salzmann: Außer sich, suhrkamp

Sie sind zu zweit, von Anfang an, die Zwillinge Alissa und Anton. In der kleinen Zweizimmerwohnung im Moskau der postsowjetischen Jahre verkrallen sie sich in die Locken des anderen, wenn die Eltern aufeinander losgehen. Später, in der westdeutschen Provinz, streunen sie durch die Flure des Asylheims, stehlen Zigaretten aus den Zimmern fremder Familien und riechen an deren Parfumflaschen. Und noch später, als Alissa schon ihr Mathematikstudium in Berlin geschmissen hat, weil es sie vom Boxtraining abhält, verschwindet Anton spurlos. Irgendwann kommt eine Postkarte aus Istanbul – ohne Text, ohne Absender. In der flirrenden, zerrissenen Stadt am Bosporus und in der eigenen Familiengeschichte macht sich Alissa auf die Suche – nach dem verschollenen Bruder, aber vor allem nach einem Gefühl von Zugehörigkeit jenseits von Vaterland, Muttersprache oder Geschlecht.

»Beim Lesen dieser 350 wilden Seiten begreift man immer wieder, dass Identität nichts Festes, vielmehr etwas Fließendes ist, das es zu hinterfragen gilt. Was diesen Roman so stark macht: Mit großer Leichtigkeit, Sprunghaftigkeit und auch Spielfreude schreibt er darüber, wie viel Mut es zu einer solchen Verwandlung braucht. "Außer sich" ist ein kraftvolles Buch, das gegen alles anbrüllt, was Angepaßtsein bedeutet.« (Elke Schlinsog, DLF Kultur)